PNP 12.02.2021
Wittibreut/Neuburg
Aktiv als Reservist in Corona-Zeiten
Stabsfeldwebel Alban Friedlmeier aus Wittibreut erzählt von seiner Wehrübung – Vieles muss anders organisiert werden
Gerne hätte Alban Friedlmeier auch heuer wieder Besuchergruppen, wie in den letzten 20 Jahren, aber auch Schulklassen durch das Taktische Luftwaffengeschwader 74 und – hier zu sehen – durch dessen Militärgeschichtliche Sammlung geführt. −Fotos: Friedlmeier/Hascher
Wer Alban Friedlmeier kennt, der weiß: Er macht gerne alles geradlinig und schnörkellos. Und so wäre es ihm auch in der jetzigen Zeit lieber, wenn er seine Wehrübung unter Normalbedingungen absolvieren könnte. Doch Corona macht nun einiges komplizierter und eben nicht schnörkellos: Es gibt überall Einschränkungen im täglichen Leben und auch in jedem Arbeitsumfeld.
So auch bei der Bundeswehr im Allgemeinen und beim Taktischen Luftwaffengeschwader 74 in Neuburg an der Donau im Speziellen. Dort absolviert Alban Friedlmeier gerade – wie jedes Jahr um diese Zeit – seine Wehrübung. Im "normalen Leben" hat er übrigens auch mit Soldaten- und Reservistenarbeit zu tun, denn er ist Vorsitzender der Kreisgruppe Rottal im Reservistenverband und Chef der Wittibreuter Reservisten.
Arbeit im Taktischen Luftwaffengeschwader 74
Derzeit arbeitet er beim Taktischen Luftwaffengeschwader 74 in Neuburg an der Donau in seinem Dienstgrad als Stabsfeldwebel im Stab des Geschwaders. Im Gegensatz zu den technischen Arbeitsbereichen, in denen er früher in vielen Wehrübungen Dienst tat und heute das System "Homeoffice" aus Gründen der Einsatzbereitschaft nicht umsetzbar ist, ist es zur Corona-Zeit in der Stabs- und Verwaltungsarbeit sogar erwünscht, teilweise auf Homeoffice umzustellen.
Alban Friedlmeier nimmt dies aber nur sehr eingeschränkt an. Besser findet er seine Arbeit direkt "vor Ort" im Stabsgebäude, wo er eigentlich einer Planungsgruppe zugeteilt wurde, die den Tag der Bundeswehr am 12. Juni vorbereiten sollte. Ein Oberstleutnant der Reserve und er hätten dafür die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit vorbereiten und organisieren sollen.
Die Leistungsfähigkeit aktuell eingesetzter militärischer Flugzeug-Technologie kann Stabs-feldwebel Alban Friedlmeier auf dem Fliegerhorst Neuburg anlässlich seiner Wehrübung live erleben. Hier ein Eurofigther in seinem Hangar mit den Wartuns-Spezialisten.
Das Geschwader hätte an diesem Tag einen Flugtag durchgeführt, zu welchem früher regelmäßig 30 000 Besucher kamen. Nun wurde dieses Vor-Ort-Ereignis coronabedingt ebenfalls abgesagt, und damit ist natürlich auch die Vorarbeit für die Organisation der Öffentlichkeitsarbeit hinfällig. "Gerne würde ich auch wieder Besuchergruppen durch die interessanten Bereiche des Geschwaders führen, wie ich es in den letzten 20 Jahren auch immer gerne getan habe", meint Alban Friedlmeier bedauernd. "Beispielsweise habe ich noch vor der Corona-Zeit eine Gruppe der Wittibreuter Senioren oder Schulklassen von der FOS/BOS Pfarrkirchen oder der Mittelschule Johanniskirchen durch das Geschwader und die militärgeschichtliche Ausstellung geführt. In den dazu gehörenden Vorträgen konnte ich viel über die Geschichte, Struktur und Auftrag des Geschwaders vermitteln – das ist derzeit freilich nicht möglich."
Lehrgang im Homeoffice statt in Berlin
Stattdessen nutzt er die Zeit und nimmt im Homeoffice an einem Fernlehrgang in Videokonferenz teil, der ihm angeboten wurde. Das Thema: "Der Reservist als Mittler in der Öffentlichkeit", eine Rhetorik-Auffrischung, die ihm sowohl in der Reservistenarbeit als auch im Geschwader bei der Führung von Besuchergruppen zugute kommt. "Zu diesem Lehrgang hatte ich mich im letzten Jahr schon angemeldet, er sollte allerdings in Präsenz in Strausberg und Berlin stattfinden. Doch nun wird diese Veranstaltung eben per Videokonferenz abgehalten; dazu wurde mir Homeoffice genehmigt und ich sitze so als aktiver Soldat zuhause in meinem Büro. Berlin wäre mir schon lieber gewesen", meint Friedlmeier schmunzelnd. "Dennoch werde ich mich für den Rest meiner Wehrübung wieder zu meiner alten Einheit auf den Fliegerhorst Neuburg orientieren und da einige Themen aus dem Bereich der Öffentlichkeitsarbeit erledigen, denn im Infobüro im Stabsgebäude sind ständig Anfragen wegen Truppenbesuchen zu beantworten und Pressetermine bei Beförderungen und Jubiläen zu koordinieren."
Was auf dem Fliegerhorst anders ist als noch vor Corona kann Alban Friedlmeier auch berichten. Zur Essenseinnahme wurden für die verschiedenen Einheiten verschiedene Zeiten eingeteilt, so konnte jeder zweite Platz im Speisesaal entfernt werden, um die Abstände einhalten zu können.
Das war noch vor Corona: Eine Senieoren-Reisegruppe aus Wittibreut und Ulbering auf dem Fliegerhorst Neuburg vor einem mit spezieller Lackierung versehenen "Eurofighter" mit Organisator Alban Friedlmeier (rechts)
"Früher konnte man sich am Salatbüffet nach Belieben bedienen, jetzt wird das Tablett vom Küchenpersonal nach Wunsch bestückt", meint der Stabsfeldwebel. "In jedem Gebäude, das man betritt, muss man sich in Kontaktlisten eintragen, die Hände desinfizieren und Masken tragen. An den Schreibtischen können die Masken dann abgenommen werden. Wenn Büros kleiner sind, müssen ständig FFP2-Masken getragen werden. Personen, egal ob Soldat oder Zivilist, die nicht dem Geschwader angehören und es betreten wollen, müssen einen Corona-Test vorweisen, der nicht älter als zwei Tage sein darf." In den Werkstätten werde im Schichtbetrieb gearbeitet, berichtet Friedlmeier vom Fliegerhorst, damit man sich besser aus dem Weg gehen könne. Der Flugbetrieb laufe ganz normal weiter. Insbesondere stünden für spezielle Einsätze im Luftraum, zum Beispiel dem Abfangen unbekannter Flugzeuge, Tag und Nacht vier Eurofighter aufgetankt und mit Piloten bereit, die innerhalb von 15 Minuten in der Luft sein könnten.
Der Flugbetrieb auf dem Fliegerhosrst Neuburg geht unverändert zur Sicherung des Luftraumes weiter: Hier Eurofighter in Startposition.
Zur Arbeit der fliegenden Gruppe und seiner technischen Kameraden, bei denen er früher als Fluggeräte-Mechanikermeister tätig war, erzählt er über das aktuelle Geschehen: "Unser Geschwader übernahm vor einer Woche die Luftraumsicherung in Estland. Die Baltischen Staaten sind selbst nicht in der Lage, ihren Luftraum an der Grenze zu Russland zu sichern, deshalb übernehmen diese Aufgabe abwechselnd andere Nato-Staaten. Unser Geschwader macht das nun schon zum sechsten Mal. Unser Kommando mit allen Technikern, Mechanikern, Piloten und allem was dazu gehört, musste dazu vorher in einen 14-tägigen Quarantäneaufenthalt in Hannover."
Quarantäne vor jedem Auslandseinsatz
Diese wurden in Einzelzimmern untergebracht und durften es täglich unter Aufsicht für eine Stunde verlassen. "Das Essen wurde ihnen vor die Tür gestellt und eventuelle Reparaturen in den Zimmern mussten sie selbst durchführen. Erst dann durften sie nach Estland fliegen. Dieses Prozedere gilt momentan für alle Auslandseinsätze, zu denen Soldaten gerufen werden, beispielsweise in Afghanistan, Mali oder Jordanien."
Weiter berichtet Alban Friedlmeier – wieder bezogen auf das Leben in Neuburg: "Im vergangenen Oktober kam es kurzfristig zu Problemen, da sich einige Soldaten mit Corona angesteckt hatten. Leider sind deshalb auch die Fitnessräume, die Sauna, die Sporthalle, das Unteroffiziers-, Offiziers- und Mannschaftsheim geschlossen. Auch alle Besuchergruppen wurden wieder ausgeladen, was mich persönlich sehr trifft, weil ich diese gerne geführt hätte."
Während seiner Reservedienstleistung koordiniert Stabsfeldwebel Alban Friedlmeier die Öffentlichkeitsarbeit des Geschwaders.
Eines vergisst Alban Friedlmeier nicht ohne Stolz bezüglich seiner Kameraden zu erwähnen: "Übrigens leisten Soldaten des Geschwaders auch in Krankenhäusern in Augsburg, München und Neuburg Amtshilfe, sowohl in der Pflege wie auch in der Verwaltung."